Das Bundesteilhabegesetz (kurz BTHG)
Was ist das Bundesteilhabegesetz?
Das sogenannte Bundesteilhabegesetz soll die Hilfen für Menschen mit Behinderungen neu gliedern und verbessern. Die meisten dieser Hilfen sind heute im Sozialgesetzbuch festgeschrieben. Das Bundesteilhabegesetz will dieses und weitere verändern.
Warum ist das Thema so wichtig?
Für viele behinderte Menschen sind diese Leistungen die Grundlage für ihr Leben. Ohne diese können wir kein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen und an der Gesellschaft teilhaben. Momentan gibt es viele Probleme mit den Hilfeleistungen. So ist oft schwierig überhaupt einen Anspruch darauf zu erlangen, diesen genehmigt zu bekommen oder angepasst zu kriegen.
Dadurch werden viele von uns benachteiligt und an einem selbstverantwortlichen Leben gehindert.
Wen betrifft das?
In Deutschland leben circa 10,2 Millionen Menschen mit einer anerkannten Behinderung. Schwerbehindert sind davon 7,5 Millionen Menschen. Nicht alle von diesen benötigen die im Bundesteilhabegesetz zu ändernden Hilfen. Rechnet man aber auch Lebenspartner, Eltern und Kinder der Betroffenen hinzu, betrifft es einen großen Teil der deutschen Bevölkerung.
Was ist Persönliche Assistenz?
Um aus der oft bevormundenden Pflege in Einrichtungen oder in der Familie herauszukommen, entwickelten Aktivist*innen der Behindertenbewegung in den 70er Jahren das Modell der Persönlichen Assistenz. Das bedeutet: Sie sind Arbeitgeber für Assistent*innen, die sie bei der Körperpflege, im Alltag, im Haushalt bei der Arbeit oder in Schule und Studium unterstützen. Anders als in Einrichtungen können behinderte Menschen dadurch selbst entscheiden wo sie wohnen und arbeiten, wie sie ihren Tagesablauf gestalten, was sie essen wollen und wer für sie arbeitet. In Pflegeeinrichtungen gibt es oft eine Hierarchie: Die Betreuer und Pflegekräfte sind die Expert*innen und treffen manchmal Entscheidungen über den Kopf der Betreuten hinweg. In der Persönlichen Assistenz ist es umgekehrt: Die behinderten Menschen sind selbst die Expert*innen und leiten die Assistent*innen in ihrer Arbeit an.
Warum ist der jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf nicht zufriedenstellend?
Viele der jetzigen Probleme werden nicht oder nur zum Teil behoben. So werden z.B. manche behinderungsbedingten Hilfen von der Finanzkraft des betroffenen abhängig gemacht; der Staat kann erzwingen, dass Hilfen für mehrere behinderte Menschen gemeinsam erfolgen; Hilfen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind; oder gar die freie Wohnortwahl verhindert wird.
Das sind nur einige wenige Beispiele, warum dieser Gesetzesentwurf für uns Betroffene neben einigen wenigen Verbesserungen viele Probleme nicht löst und an einigen Stellen sogar neue Probleme schafft.
Ist das nicht wahnsinnig teuer alles?
Im Vergleich zu vielen anderen Ausgaben des Bundes nicht. So sind für das Bundesteilhabegesetz nur ca. 670 Mio. € pro Jahr eingeplant. Dafür, dass dieses Thema bis zu 10 Millionen behinderter Menschen betrifft, ist das sehr wenig. Gleichzeitig wird beispielsweise für die Förderung von E-Autos 1 Mrd. € aufgewendet.
Was habt Ihr gegen Fürsorgesystem und das Sozialhilfedenken?
Wir hatten uns viel vom neuen Teilhabegesetz versprochen. Vor allem eins sollte es leisten: Dass behinderte Menschen ihre Hilfen nicht mehr als Teil der Sozialhilfe bekommen. Viele Hilfen kosten sehr viel Geld, zum Beispiel die Persönliche Assistenz. So viel, dass man Millionär sein müsste, um sie selbst bezahlen zu können. Wenn man krank wird zahlt die Krankenkasse die Behandlung – nicht so bei Hilfen im Fall von Behinderung. Behinderung gilt in Deutschland oft als ein Fall für die Sozialhilfe. Wenn man Unterstützung zum Beispiel als „Eingliederungshilfe“ braucht, muss man sich an die Sozialbehörden wenden. Und die prüfen erstmal, ob man nicht auch selbst dafür aufkommen kann. Das tun sie bei allen Menschen, die bei ihr Gelder beantragen, auch bei „Hartz 4“- und anderen Sozialgeld-Empfängner*innen. Dabei schwingt immer der Gedanke mit: Für seine Armut und Behinderung ist man auch ein Stück selbst verantwortlich. Weder Behinderung noch Armut sucht man sich jedoch aus. Trotzdem sollen die eigenen Ersparnisse erstmal nahezu aufgebraucht werden, bevor der Staat einspringt. Auch der Entwurf für das neue Teilhabegesetz bleibt dieser Logik treu. Nur die Grenzen, ab wann Einkommen und Vermögen angetastet werden sollen, haben sich etwas verschoben.
Wo Teilhabe drauf steht, muss doch auch Teilhabe drin sein. Oder?
Teilhabegesetz, das klingt erstmal nach Inklusion, danach, dass alle mitmachen können. So sollte es ja auch sein, vor allem nachdem sich Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat, die UN Behindertenrechtskonvention auch hierzulande umzusetzen. Mit dem Vorschlag der Bundesregierung für das neue Teilhabegesetz wird sich für behinderte Menschen jedoch wohl kaum etwas verändern. Behinderte Menschen leben in Deutschland sehr oft in Sonderwelten, anders als zum Beispiel den USA, in Großbritannien oder in den skandinavischen Ländern. Wenn sie viel Unterstützung im Alltag brauchen, entscheiden die Kostenträger oft, sie in einer Pflegeeinrichtung unterzubringen. Dort muss man sich einem klar geregelten Tagesablauf unterordnen. Wann man aufstehen und essen möchte, wann man etwas unternehmen oder abends ins Bett gehen möchte – all das hängt vom Dienstplan der Betreuer ab. Auch wer einen wäscht oder auf die Toilette setzt kann man in einer Einrichtung nicht selbst entscheiden. Möchte eine Frau zum Beispiel nur von einer Frau gepflegt werden, ist das oft nicht drin. Teilhabe und Selbstbestimmung sieht für uns anders aus. Im Vorschlag für das Teilhabegesetz ist zwar wie bisher ein Wahlrecht festgeschrieben. Theoretisch kann man sich aussuchen, ob man in ein Heim möchte oder Persönliche Assistenz zuhause. Ämter können dieses Recht jedoch auch mit dem neuen Gesetz leicht umgehen, wenn sie finden, dass die Einrichtung kostengünstiger ist als das Leben in den eigenen vier Wänden.
Was ist das Behindertengleichstellungsgesetz (kurz BGG)?
Das BGG regelt die Gleichstellung behinderter Menschen im öffentlichen Recht. In diesem ist ein allgemeines Benachteiligungsverbot festgeschrieben und auch Regelungen zur Barrierefreiheit werden getroffen. Es ist also eines der wichtigsten Gesetze für behinderte Menschen.
Warum ist das BGG so wichtig?
Das Leben behinderter Menschen ist im Alltag meist stärker von der allgemeinen privaten
Infrastruktur geprägt als vom Umgang mit Behörden. Beim Einkaufen, beim Restaurantbesuch, bei der Wohnungssuche, im Kino, bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bei der Hotelzimmersuche oder benutzen von Webseiten, immer treffen sie auf Barrieren, die von den Eigentümern oder Betreibern der Einrichtungen geschaffen wurden, für die sie häufig aber rechtlich nicht verantwortlich gemacht werden können.
Warum ist der jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf nicht zufriedenstellend?
Gerade der große Teil des öffentlichen Lebens, welches durch die Privatwirtschaft bestimmt wird, wird im jetzigen Entwurf außen vorgelassen. Im Entwurf wird lediglich eine Beratungsstelle für die Wirtschaft eingerichtet. Eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit steht auch weiterhin nicht im Gesetz. In Deutschland können also auch zukünftig Menschen nur aufgrund ihrer Behinderung vom alltäglichen Leben von der Wirtschaft ausgeschlossen werden.
Wie kann man Euch unterstützen?
Ihr könnt auf diese Probleme und Ungerechtigkeiten aufmerksam machen, indem ihr darüber schreibt, die Petition unterzeichnet oder bei einer der vielzähligen Demonstrationen oder Aktionen teilnehmt.
Das Behindertengleichstellungsgesetz (kurz BGG)
Was ist das Behindertengleichstellungsgesetz (kurz BGG)?
Das BGG regelt die Gleichstellung behinderter Menschen im öffentlichen Recht. In diesem ist ein allgemeines Benachteiligungsverbot festgeschrieben und auch Regelungen zur Barrierefreiheit werden getroffen. Es ist also eines der wichtigsten Gesetze für behinderte Menschen.
Warum ist das Thema so wichtig?
Im Alltag werden behinderte Menschen immer noch benachteiligt. Heute existieren fast keine Vorschriften zur Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft. Dort wo also das eigentliche Leben stattfindet, in Restaurants, Kinos oder Geschäften, muss Menschen mit Behinderung keine Teilhabe ermöglicht werden. In vielen anderen Ländern dieser Welt wird die Privatwirtschaft dazu gezwungen ihre Dienstleistungen barrierefrei anzubieten.
Wen betrifft das?
In Deutschland leben circa 10,2 Millionen Menschen mit einer anerkannten Behinderung. Schwerbehindert sind davon 7,5 Millionen Menschen. Aber auch viele Menschen ohne anerkannter Behinderung profitieren vom barrierefreien Leben. Sei es Rentnerinnen und Rentner, Familien mit Kinderwagen oder diejenigen, die nur aufgrund einer vorübergehenden Krankheit oder Verletzung in ihrer Teilhabe heute eingeschränkt sind.
Warum ist der jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf nicht zufriedenstellend?
Gerade der große Teil des öffentlichen Lebens, welches durch die Privatwirtschaft bestimmt wird, wird im jetzigen Entwurf außen vor gelassen. Im Entwurf wird lediglich eine Beratungsstelle für die Wirtschaft eingerichtet. Ein Verpflichtung zur Barrierefreiheit steht auch weiterhin nicht im Gesetz. In Deutschland können also auch zukünftig Menschen nur aufgrund ihrer Behinderung vom alltäglichen Leben von der Wirtschaft ausgeschlossen werden.
Wie kann man Euch unterstützen?
Ihr könnt auf diese Probleme und Ungerechtigkeiten aufmerksam machen, indem ihr darüber schreibt, die Petition unterzeichnet oder bei einer der vielzähligen Demonstrationen oder Aktionen teilnehmt.